Tag 13 – Von Derweze bis Nukus

Die Nacht ist wieder früh vorbei, denn wir wollen den Sonnenaufgang in der Wüste erleben.
Gegen halb sieben sind wir schon aus den Federn. Michael und Stefan Bischoff, die ‚brothers on tour‘ aus der Schweiz, haben die Nacht in ihrem VW Caddy neben unseren Zelten verbracht.
Gemeinsam genießen wir in der aufgehenden Sonne das Frühstück. Wir unsere EPA-Pakete aus Bundeswehrbeständen, sie ihr schweizer Rösti aus der Pfanne. Wir löslichen Kaffee von Jacobs, sie Espresso frisch aus dem italienischen Kocher. Nunja.
Als wir gemeinsam losfahren, sitzen die Schweizer nach hundert Metern im tiefen Sand fest. Das sah fast wie Absicht aus. Der Abschlepp-Versuch mit Clyde schägt fehlt, zu tief sitzt der Caddy im Sand vergraben. Zum Glück sind ein paar Einheimische mit einem alten Laster am Start und ziehen die Karre aus dem Staub. Auch später am Tag brauchen die Schweizer Kollegen noch zwei-, dreimal Hilfe. Ihre Batterie ist mausetot.
Jetzt aber Beeilung, wir müssen auf jeden Fall heute noch aus dem Land. Umser Transitvisum git nur noch heute. Doch die ersten 150 Kilometer der Piste enach Norden, nach Usbekistan sind viel besser als erwartet. Entlang des Weges in der menschenleeren, kargen Wüste Karakum sehen wir ab und an eine kleine Herde Dromedare – sonst nichts. Zum Ende wird die Strasse anspruchsvoller. Obwohl wir uns wieder der Zivilisation nähern und längs des Weges die ersten Ziegenherden und Felder auftauchen, ist der Zustand der Strassen hier katastrophal. Schlaglöcher in jeder nur erdenklichen Breite und
Tiefe, dazu Spurrillen, die wie ein in Teer gegossener Kartoffelacker daher kommen. Phasenweise wechseln sich Teer-, Schotter- und Sandpisten im Hundertmetertakt ab. Trotzdem erreichen wir die usbekische Grenze ein paar Stunden früher als geplant. Endlich einmal nicht spät dran auf dieser Reise. Die Ausreise aus Turkmenistan geht erfreulich viel schneller als die Einreise. Das Personal ist freundlich, die Prozedur kurz. Auch hier bei der Ausreise werden wieder Fingerabdrücke genommen und das Gepäck kontrolliert. Nur viel freundlicher.
Auf der usbekischen Seite geht es erstmal nicht voran, es ist Mittagspause. Außer uns, wir sind die einzigen Autos, sind nur ein paar Grenzgänger zu Fuß unterwegs. Nachdem sich die Grenze geöffnet hat geht es trotz nicht gleich weiter. Der Grenzer, der unsere Pässe kontrollieren soll, hält Mittagsschlaf in seiner Kontrollbutze. Erst durch vorsichtiges Klopfen einer Einheimhischen schreckt er aus seinen wohl wohlverdienten Träumen.
Am Ende geht es auch hier relativ fix. Nachdem nun zum x-ten Male unsere Fahrzeugpapiere geprüft, un die Reisepässe gestempelt sind, werden wir winkend in’s Land gewunken. Direkt hinter der Grenze noch ein kurzer Stopp – warten bis das andere Fahrzeug auch durch ist. Und wieder staunen wir, als ein zufällig vorbeikommender Usbeke uns mit ein paar Brocken Deutsch anspricht.
In Nukus, der ersten Stadt hinter der Grenze, wollen wir Geld tauschen und etwas Essen. Sollte eigentlich kein Problem sein. Denkste. Die Geldautomaten, die wir finden, geben entweder kein Geld aus, oder nur Dollar. Ok, da haben wir schon mal Dollar. Doch das Restaurant, in das wir dann gehen, nimmt weder Kreditkarte noch Dollar. In der Bank, die wir als nächstes aufsuchen, erklärt man uns beschämt, dass die Banken in Usbekistan nur bis 16.00 Uhr Dollar eintauschen dürfen. Crazy.
Zuletzt gäbe es noch die Möglichkeit, auf dem Baar zu tauschen. Ok, dann eben so.
Der Markt entpuppt sich als ausgewachsener Basar mit allem Pipapo, auf dem wir die fliegenden Geldwechsler auch bald finden. Etwas aufgeregt und angespannt ist die Situation schon, aber dann halten wir ein mehrere Zentimeter dickes Bündel mit Banknoten in der Hand. Damit kaufen wir paar frisch gebrutzelte Leckereien auf dem Markt und beziehen dann unser Hotel, das wir zwischendurch über booking.com festgemacht hatten.
Duschen. DUSCHEN! Boah, tut das gut. In den letzten beiden Tagen fiel die Hygiene eher spärlich aus und der Wüstenstaub sitzt einfach überall. Das Restaurant der Wahl ist direkt nebenan, es soll Fleisch und Pivo geben. Dort treffen wir auch die ubekischen Soldaten wieder, die im selben Hotel wohnen.
Es wird ein denkwürdiger Abend. Deutsch-usbekische Freundschaft, ganz im Sinne der Rally 🙂
Ein junger Hauptmann, der ein paar Sätze deutsch spricht, kommt an den Tisch und hilft uns bei der Bestellung. Fleisch mit Kartoffeln, dazu Salat, Brot und für jeden ein Bier. ‚Schnaps?!‘ ist seine erste suggestive Frage. Also gibt es auch eine Flasche Vodka auf den Tisch, die er sozusagen als Vorspeise mit uns niederringt. Carsten, der zunächst sein Glas zuhält, kommt auch nicht drumherum.
Nachdem Essen sitzt Asram, wir kennen jetzt den Namen unseres neuen Freundes, wieder bei uns und wir fangen an zu erzählen. Seine Mutter sei Deuschleherin, seine Schwester sei Deutschleherin, er stamme aus Romintan bei Buchara und diene beim Militär dortunddort. Graturliere, herzlichen Glückwunsch, Prost. Das und etwas mehr aus seinem deutschen Wortschatz erzählt er uns wieder und wieder und es wird klar, dass der junge Mann schon reichlich vo Vodka genascht haben muss. Und obwohl sich die Konversation scheinbar im Kreise dreht, haben wir bei einem weiteren Bier und noch einem Vodka zusammen eine Menge Spaß.
Oben im Restaurant ist Disco. Wir werfen einen Blick – aber nur wenige Einheimische drehen sich trunken im Kreis. Vor der Tür treffen wir Asram wieder, er telefoniert mit seiner Schwester, der Lehrerin. Wir sollen sie besuchen in der Schule Nummer 19, wenn wir in Buchara vorbeikommen. Mal sehen.
Eigentlich könnte der Abend jetzt zu Ende gehen – könnte. Carsten und Christoph verabschieden sich tatsächlich, Blog schreiben und schlafen. Doch Cord und Josch sind heiß und wollen mit Hauptmann Asram noch in einen Club. Es wird eine heiße Nacht – sie ziehen mit den Soldaten durch mehrere Kneipen und kommen erst spät in der Nacht leicht lädiert aber glücklich zurück.

Bonnie&Clyde: Bonnie quietscht lauter – egal, sagt Carsten
Stimmung im Team: perfekt, später lädiert
Kilometer: 380
Wetter: sonnig und warm