Tag 26, Tag 27 – Zwei Tage am Zielort Dushanbe, Hauptstadt der Tadschiken

Da sind wir nun, am Ziel angekommen. Ende.
Beim Aufwachen, gegen halb acht, fühlt es sich irgendwie anders an als sonst. Vor uns liegen heute keine hunderte Kilometer lange Autofahrt, kein aufwirbelnder Staub, keine Suche nach geeigneter Schlafgelegenheit, kein Streß mit Tanken — kein Abenteuer, kein Heidenspaß. Melancholie ist wohl die Beschreibung für die morgendliche Gefühlslage des Teams. Es folgt nurmehr ein letzter Abgesang und wir sind mehr oder weniger nur noch Touris in einer mäßig spannenden Hauptstadt.

Wir treffen uns gegen acht zum Frühstück. Das Hotel scheint leer zu sein, wir sind die einzigen Gäste am Buffet. Kaffee ist die erste Herausforderung des Tages. Der Vollautomat, chinesisches Fabrikat, ist launisch und gibt das schwarze Elexier nur unter Protest ab. Erst eine ganz bestimmte Abfolge bei der Bedienung der Tasten führt zum Erfolg – das ist nur was für den Knöppedrücker.
Nach dem Frühstück kommt die Truppe langsam in Gang, verschiedene Dinge stehen auf dem Tagesprogramm. Die geliebten Fahrzeuge müssen ausgeräumt und das Verkaufs-Prozedere ein Gang gebracht werden. Außerdem wollen wir ein soziales Projekt besuchen und anschließend die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt abklappern.
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Tag 25 – Dem Ziel entgegen – Schlußspurt nach Dushanbe

Der Tag heute wird der letzte im Sattel unserer treuen koreanischen Gefährten Bonnie und Clyde werden. Diese Schlußetappe hat es aber in sich, ein wüster Höllenritt über 14 Stunden.
Der lange Tag beginnt deshalb früh. Josch hat den Hausherren unserer urgemütlichen B&B-Pension dazu überredet, dass er uns bereits um 06:30 Uhr das Frühstück bereitet. Draußen, natürlich.
Und so sitzen wir schon kurz nach Sonnenaufgang auf den weichen Diwanen seiner überdachten Terrasse. Die Mannschaft ist einigermaßen ausgeschlafen, denn die Matratzen in den Betten unserer beiden herrlich kitschig eingerichteten Zimmern waren wunderbar. Lustig ist, dass neben den typischen Elementen eines tajikischen Frühstücks auch kleine Schokoriegel, Mars und Snickers, gereicht werden.
Unsere Herberge ist stadtauswärts bereits günstig in richtiger Richtung gelegen, und wir kommen zügig schon deutlich vor acht Uhr los. Unterwegs werden wir nochmal tanken und zu diesem Zweck unsere fast leeren Kassen auffüllen müssen. Die hiesigen Banken machen erst um acht auf – so lang wollen wir nicht warten – und unterwegs werden wir zwei größere Städte passieren.
Oh Mann, Team Südheide, ihr seid nicht lernfähig. Natürlich gibt es auch heute wieder keinen einzigen Bankomaten entlang des Weges, der unserer MasterCards schlucken mag. …

Die heutige Etappe führt zunächst wieder etliche Stunden an der gebirgigen afghanischen Grenze entlang von Khorog über Kaleikhum nach Kulyab. Von dort wird es dann durch den flacheren Südwesten bis nach Duschanbe weitergehen. Zehn bis zwölf Stunden anstrengende Fahrt insgesamt prophezeite uns der Besitzer unserer letzten Herberge, doch am Ende werden es über vierzehn Stunden sein.
Für die ersten 400 Kilometer bis Kulyab benötigen wir bereits fast elf Stunden. Die Strasse ist die meiste Zeit in erbärmlichem Zustand. Die Landschaft entlang der holprigen Strecke, die stetig dem Lauf des immer reißender werdenden Grenzflusses Pyandzh folgt, ist allerdings wieder wunderschön. Beiderseits des Flusses, auf der tajikischen wie auf der afghanischen Seite, wechseln sich kleinere und größere Dörfer mit kargen aber malerischen Gebirgslandschaften ab.
Auf der afghanischen Seite sehen wir jetzt immer häufiger Menschen, die ihrem Tagwerk nachgehen oder auf Esel oder Moped von A nach B unterwegs sind. Kinder winken uns zu, Frauen waschen Wäsche oder große Teppiche an geschützen Stellen des reißenden Flusses. Carsten würde am liebsten anhalten und mit seiner klapprige Angel den Salmoniden nachsetzen – doch die Zeit drängt leider zu sehr.
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Tag 24 – Pamir Highway South – entlang der afghanischen Grenze

Es ist EISKALT als wir vor Sonnenaufgang erwachen. Und mir wird schlagartig wieder klar: Wir zelten an der afghanischen Grenze. Das hätte ich vor ein paar Wochen nicht für möglich gehalten. Und anders als man das zu Haus denken mag ist es eine absolutruhige Gegend hier.
Für die meisten von uns war es eine mehr oder weniger bescheidene Nacht, an Schlaf war kaum zu denken. Ohne Luft in der Matte war es ganz schön hart und auch mit Luft zog der Frost von unten an den Schlafsack, der ansonsten tadellos warm hält. Außerdem hat in der Nacht in den Bergen über uns irgendwelches Getier geheult und gejault. Besser nicht weiter drüber nachdenken.

Es gleicht einer Mutprobe, sich bei diesen Temperaturen überhaupt aus dem wärmenden Schlafsack zu schälen. Aber irgendwann muss der Tag für uns ja beginnen. Am besten mit einem heißem Kaffee. Zum Glück hat Markus echten Bohnenkaffee parat. Mit dem Wasser poltern aus dem Kanister aber auch Eisbröckchen in den Topf. Es war RICHTIG kalt heute Nacht. Zähneputzen und Waschen tut heute morgen auch echt weh. Das ändert sich erst ein wenig, als die Sonne mit den ersten Strahlen über den Horizont blinzelt. Da die Halterungen des Dachträgers bei Bonnie nun komplett gebrochen sind, müssen die aufmontierten Reservekanister zur Entlastung geleert werden. Das ist bei dieser Kälte keine witzige Angelegenheit – Carstens Finger sind anschließend steif gefroren. Das Frühstück fällt heute schmal aus, alle wollen nur schnell los und sich mit der Heizung im Auto aufwärmen.
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Tag 23 – Pamir, Pamir, Pamir – bis nach Afghanistan

Mitten in der Nacht ist der Strom wieder da – plötzlich war es taghell in unserem kleinen, russisch-barocken Zimmer. Erschrocken drehe ich mich wieder um und schlafe genüsslich bis halbacht. Duschen geht nicht. Gestern war der Strom weg, heute das Wasser.

Zum Frühstück gibt es zwei Spiegeleier für jeden, großes Kino. Gestern schon hatte der Hotelier, der gut deutsch spricht, begierig auf unsere dritte Autobatterie, die eigentlich bei meiner Schwester in Deutschland bleiben sollte, geschielt. Zusammen mit ein paar weiteren überzähligen Utensilien verschachern wir das Ding für einen guten Kurs an den guten Mann. Klasse, jetzt sind wir wieder flüssig und können die Autos an der Tankstelle von Murgab volltanken. Muss auch sein, denn als erstes wollen wir heute eine kleine Exkursion an die chinesische Grenze machen. Die liegt 100 Kilometer entfernt hinter dem Kulma-Pass, den bisher wohl noch kein Team der Tajik-Rally passiert hat. Grund genug, da mal hin zu fahren.
Die Strecke dorthin ist – sagen wir mal – anspruchsvoll. Eine Orgie aus Schlaglöcher auf einer Art Feldweg aus einem Teer-/Schotter-Gemisch, auf der außer uns niemand unterwegs ist. Neben dieser Piste verlaufen ein paar verlockende ‚Nebenstrecken‘ durch den losen Sand dieser wüstenähnlichen Gegend. Runter von der Piste und hinein in das Vergnügen. Cord will sich austoben und tut das auch. Er läßt die 145 Pferde unter Clydes Haube von der Leine und fliegt in einer grandiosen Staubwolke dem Horizont entgegen. So geht Rallye!
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Tag 22 – Atemberaubend – Ergreifend – PAMIR

So, heute ist es nun soweit, Einfahrt in den Pamir, das ultimative Strecken-Highlight der Rally.
Morgens in Osh gibt es bei unserem Herbergsvater Asman ein angeblich ‚asiatisches‘ Frühstück. Was immer er darunter versteht – er tischt schottischen Porridge auf, dazu ein wenig Brot mit Marmelade und löslichen Kaffee dazu Pulvermilch…
Die erste Teiletappe des Tages führt von Osh, dieser pulsierenden Metropole im Süden Kirgisistans, in Richtung der bergigen Grenzregion, wo wir in den Pamir einfahren wollen. Wir peilen Sarytasch an, die letzte größere Siedlung vor der – für uns letzten – Grenzstation. Hinter Osh geht es gleich mal wieder hinauf auf 2.800m Höhe. Auch hier bietet sich hinter jeder Kurve, hinter jeder Bergkuppe ein neuer Blick auf die fazinierende Landschaft. Heute ist Sonntag und da ist wohl Viehtrieb. Jedenfalls kommen wir an unzähligen kleineren und größeren Viehherden vorbei, die gern die gut ausgebaute Strasse in voller Breite nutzen. Das verlangsamt zwar unsere Fahrt, ist aber wunderschön anzusehen.
Hinter der nächsten Kurve wartet die erste größere Prüfung des Tages. Hier geht es einen gut befahrbaren Pass hinauf bis auf 4.230 Meter Meereshöhe. Alter Finne, da beginnt man ganz schön zu pumpen. Eine solche Höhe ist keiner von uns gewohnt und schon durch das Schießen des Fotos auf der Passhöhe bin ich aus der Puste. Und später am Tag soll es am Eingang des Pamir noch höher gehen.

Irgendwie haben wir heute morgen wieder etwas vergessen. Die Tanks sind zwar voll, aber vor lauter Reisefieber haben wir wieder kein Geld gezogen, keine Verpflegung für unterwegs und kein Öl gekauft. Schön blöd. Na gut, vor uns im Tal liegt Sary Tasch, erledigen wir das eben dort. Vollpfosten – der Ort ist so öde und staubig, da gibt es gar nichts. Für ein paar Dollar kaufen wir wenigstens Wasser und Cola. Weiter geht’s, bis zur tadschikischen Grenze sind es noch 35 Kilometer. Ab jetzt ist der Strecke anzumerken, dass kaum jemand diesen abgelegenen Grenzübergang zum Pamir nutzt. Der Asphalt wird löcherig und geht bald in eine rumpelige Schotterpiste über. Wiedermal ein nahezu ewiger Schlagloch-Slalom. Am Ende des Tals – hier im Grenzgebiet wohnt niemand mehr – zieht sich die Piste die Bergflanken hoch. 20 Kilometer vor der eigentlichen Grenze liegt schon der Posten der kirgisischen Grenzer, die allesamt in dicke Winterjacken und Mützen gehüllt sind. Wir haben die Frostgrenze erreicht. Die Abfertigung ist einfach und läuft zügig. Lustig ist, dass wir pro Auto nochmal 12 Dollar Öko-Tax entrichten müssen, die eigentlich bei der Einreise fällig ist. Im Gegenzug dürfen wir – wie viele Offroader vor uns – unser Südheide-Emblem auf seinen Aktenschrank kleben und das Ganze fotografieren. Stempel in den Pass und weiter, die sich mächtig auftürmenden Berge hinauf. An der unwirtlichsten Stelle, auf über 4.100 Metern Höhe erreichen wir dann den tadschikischen Grenzposten. Was muß man verbrochen haben, um an diesem erbärmlichen Ort Dienst schieben zu müssen?! Mir schwant Böses und ich erwarte mürrische und auf Krawall gebürstete Grenzer.
Aber weit gefehlt – der Ort ist zwar ätzend, aber die Jungs hier oben sind ganz cool. Wie die Grenzer hier oben hausen ist allerdings das Heftigste, was ich bisher gesehen habe. Die ursprünglichen, steinernen Abfertigungsgebäude sind total verfallen und stehen nurmehr als Gerippe, durch die der eiskalte Wind fegt. Die Abfertigung erfolgt in einer Abfolge von Hütten und Verschlägen, in denen uralte Kohleöfen bollernd ihre Hitze verströmen und abenteurlich verkabelte Lämpchen die Szenerie in unwirkliches Licht tauchen. Die erste Station ist der Veteränär, dessen Dokument uns jeweils umgerechnet 10$ kostet. Dann erfolgen die für uns so wichtigen Dokumente für Einfuhr und Zoll der Autos: 25$ pro Karre. Da sind unsere kirgisischen Som alle und ich handeln aus, dass wir auch in Euro bezahlen können. Auch dabei macht der Grenzer einen kleinen Schnitt.
Danach kommt eine Station in einem Container, aus dem ein junger Mann herauslacht und für 9$ ein Dokument aushändigen will, dessen Bedeutung sich nicht erschließt. Nach einigem Verhandeln stehen beide Autos auf dem wichtig aussehenden Zertifiktat und wir zahlen 12$.
Zuletzt kommen noch zwei Jungs in einer brüllwarmen Holzhütte, die uns ein ulkiges Quarantäne-Dokument und die tatsächlich notwendige KFZ-Versicherung für insgesamt 30$ für beide Autos ausstellen.
Ich denke, dass ein Teil dieser Gebühren attraktivitätssteigernder Ausgleich für den Dienst in dieser so unwirtlichen Gegend ist. Für den Inhalt unserer Autos interessiert sich niemand und wir können recht schnell weiter fahren.
Wir kommen sehr gut voran, weil die Strecke hinter der Grenze Richtung Murgab erstaunlich gut ausgebaut ist, viel besser als auf der kirgisischen Seite.
Und so erreichen wir in der späten Nachmittagssonne die weite Hochebene um den See Karakul. Wir müssen anhalten, weil uns die Bilder die wir hier sehen, die unendliche Landschaft, schier den Atem rauben. In Worten ist kaum zu beschreiben, welches Spiel von Farben und Formen, von Wolken und Weite von Wind und Sonne sich hier zeigt. Besonders der in der Sonne in vielfältigen türkisen Schattierungen glitzernde See vor den schneebedeckten Fünf- und Sechstausendern belohnt jeden Kilometer Wegstrecke, den wir bisher abgerissen haben. Fassungslos steigt dem einen oder anderen ein Tränchen in’s Auge, so großartig ist dieser Blick. Es ist eine Ergriffenheit und so eine Art Gefühl von Unendlichkeit und Ewigkeit, was einen hier durch diese schier endlose Schönheit übermannt.
Ich hoffe, dass die vielen Fotos wenigstens ein Stück dieses landschaftlichen Zaubers einfangen können.
Auf der anderen Seite oberhalb des Sees durchfahren wir den trostlosen Ort Karakul, einstmals von den Russen gegründet, um die durch militärische Zwecke begründete Passtrasse zu errichten und zu pflegen. Heute kommt diese staubige Siedlung extrem trist daher. Es ist zwar wunderschön drumherum aber nicht auszumachen, wovon sich die Bewohner hier auf über 4.000 Metern Höhe ernähren. Ackerbau ist es jedenfalls nicht und wir sehen nur ganz vereinzelt ein paar Tiere in der nahezu pflanzenlosen Steppe. Auf dem Spielplatz inmitten des Ortes, über den der stetige Wind große Staubwolken treibt, spielen ein paar Kinder auf rostigen Klettergerüsten und winken unseren vorbeifahrenden bunten Autos fröhlich zu. Der unwirklich wirkende Teil dieses Zaubers.

Die Strasse bleibt annehmbar und wir beschließen, die hundert Kilometer bis Murgab noch zu versuchen. Zwischen uns und dieser 6.000-Seelen-Stadt liegt allerdings noch der heftigste Pass unserer Reise: Der Akbaytal-Pass auf unglaublichen, Respekt einflößenden 4.655 Metern. Am Fusse des Passes treffen wir auf Radfahrer, die neben der Strasse gerade ihre kleinen Zelte errichtet haben und den Pass erst morgen fahren wollen. Sie berichten, dass oben mit nur leichtem Schneefall zu rechnen ist. Also hoch da! Immer höher und höher ziehen sich die breiten Serpentienen im Fels hoch. Gut zu fahren – aber mit jedem Höhenmeter wird die Luft nicht nur sprichwörtlich dünner. Wolken ziehen um und über uns und es wird irre kalt, als wir die Passhöhe erreichen. Kein spektakulärer Blick, einfach nur Höhe. Wir fahren zügig weiter, auf der anderen Seite wieder bergab. Zu lange Zeit wollen wir in dieser extremen Höhe gar nicht verbringen. Zu anstrengend. Als die Dämmerung hereinbricht, sind wir Murgab schon recht nah. Der eigentliche Plan ist, in Murgab nur zu Abend zu Essen und weiter ausserhalb in sternenklarer Nacht zu zelten. In der vor uns liegenden Ebene ist es aber viel zu windig und Mond und Wolken lassen den erhofften Sternenhimmel nicht in gewünschter Weise in Erscheinung treten. Als wir dann den Ort erreichen, liegt das Pamir-Hotel direkt vor unserer Nase. Ein Zeichen – wir bleiben hier. Eine Gruppe Biker aus Russland erreicht mit uns die Unterkunft, der deutsch-sprechende Besitzer ist hoch erfreut. Auf den Zimmerpreis gibt es heute Rabatt, denn der Strom ist im ganzen Hotel ausgefallen. Wir nehmen zwei einfache Zimmer, mit Frühstück und es wird sogar noch ein ordentliches Abendessen mit zwei Gängen serviert: Eine extrem leckere Gemüsesuppe und Plov, Reis mit Fleisch. Dazu gibt es noch eine Rutsche tadschikisches Pivo aus eineinhalb Liter Plastikflasche. Den Vodka verkneifen wir uns, die Mannschaft ist total platt. Die Höhe schlaucht extrem. Und so sind Allemann schon um halb zehn in den Federbetten.

Bonnie&Clyde:Der Dachträger von Bonnie macht ein wenig Sorge, bei Clyde röhrt der Auspuff mächtig
Stimmung im Team: Heute pfeifen alls aus dem letzten Loch – sind aber glücklich
Kilometer: 560
Wetter: Sonnig, auf der Passhöhe leichter Schneefall und irre kalt

Fotos aus Kirgistan

Tag 19 – Rallye hat Pause in Rot-Front

Die Berghütte von Heinrich Schmidt ist ein wunderbarer Ort. Im Grunde genommen war gestern Abend schon klar, dass wir einen Tag dranhängen und die Rally Rally sein lassen. Wir haben die Nacht in unseren Schlafsäcken auf einem Matratzenlager verbracht. Der Schlaf war so tief und fest, dass die Mannschaft erst gegen halb neun aus den Federn kommt. Nur Carsten, der Frühaufsteher, war schon mit den Hühnern wach.
Nach dem Frühstück und einem ausgiebigen Faulenzen soll es heute auf den Berg gehen. Zu Fuß! Erstes Höhentraining für den Pamir Highway, der in den kommenden Tagen auf uns wartet.
Nachdem die Schuhe geschnürt und ein paar Wasserflaschen eingepackt sind, ruft der Berg. Auf der anderen Seite des kleinen Tals führt eine Ziegenpfad in den lichten Wald hinauf. Wir kommen an frei laufenden Pferden und Rindern vorbei, die verstreut in den Wälder nach Futter suchen. Nach der ersten Bergkuppe sind wir noch zu dritt, Carsten fehlt die nötige Motivation. Die anderen lassen sich von einer steinernen Bergspitze locken, über der Baumgrenze thront. Es wird anstrengender als gedacht. Durch schmale Täler mit steilen Flanken geht es über Stock und Stein bergan. Es ist hier nicht wie in den Alpen – kein Wanderweg weit und breit zu sehen. Fünf Stunden dauert die Tour insgesamt. Von 1.600 Metern Höhe, auf der die Berghütte steht, bis hinauf auf gut 2.300 Meter.
Zurück im Tal sind alle mächtig geschafft – und es hat riesig Spaß gemacht. Wir faulenzen noch ein wenig bevor es am Abend Nudeln mit Gulaschsauce gibt – aus Armeebeständen und doch richtig lecker.
Kurz vor der Dämmerung gibt es noch ein wunderschönes Bild: Über einen kahlen Bergrücken kommen die Tiere des Hofes von Petrus nach Haus – allein. Der ganze Berg ist voller freilaufender Schafe, Rinder und Pferde, die von selbst ihren Weg in den heimischen Stall finden.
Ausgepowert von der anstrengenden Tour gehen heute die Lichter sehr früh aus.
Morgen wird ein langer Tag und die ersten 3.000er Pässe warten…

Bonnie&Clyde: …wurden heute, ausser für einen kurzen Einkauf, nicht bewegt
Stimmung im Team: Kaputt aber glücklich nach einem anstrengenden Wandertag
Kilometer: 30
Wetter: Bewölkt und abends ungewohnt kühl

Tag 18 – Aus der kasachischen Steppe zu den deutschen Wurzeln von Rot-Front

Ein Highlight jagt das nächste. Heute tauchen wir in deutsche Geschichte ein: Es geht nach Rot-Front, einer deutschen Siedlung in Kirgisien. Doch der Reihe nach.
Der Morgen beginnt heute spät, erst nach acht kommt die Mannschaft verschlafen auf die Beine. Im Licht der Morgensonne gibt es einen heißen Pott Kaffee und die Reste vom EPA-Paket. Der Hunger ist allerdings nicht allzu groß – die Rindersteaks waren echt heftig groß. Der Blick auf die Berge hinter uns und die Steppe mit der Stadt Merke vor uns ist zu schön, um gleich wieder auf die Bahn zu gehen. Und so kommen wir erst weit nach neun los. Zur 30 Kilometer entfernten Grenze ist es nicht weit und der Übertritt ist der einfachste seit langem. Ein paar Stempel, ein Blick in das Auto, ‚Auf Wiedersehen‘, ‚Herzlich Willkommen‘ – das war’s. Unterwegs sehen wir an diesem Morgen wieder unglaublich viele Schulkinder, die alle in hübsche Schuluniformen gekleidet sind. Die Mädchen immer mit Schleife im Haar, die Jungs gelegentlich sogar im Anzug.
Nun sind wir im vorletzten Land unserer langen Reise: Kirgisien, Kirgistan oder Kirgisistan – wie’s beliebt. Von diesem Land wissen wir eigentlich sehr wenig und doch ist es ein wichtiges Zwischenziel unserer Reise. Hier soll es noch deutsche Siedlungen geben, deren Geschichte ausnehmend interessant ist. Da gleich mehrere Teammitglieder mit einer ausgeprägten Ost-Affinität ausgestattet sind, hatten wir uns in der Vorbereitung entsprechend eingelesen. Und wir haben einen kompetenten Kontaktmann, meinen Arbeitskollege Peter von Lenze, der in einem dieser Dörfer geboren ist und nach wie vor über gute Kontakte verfügt (Vielen Dank, lieber Peter, für deine Hilfe!).
Unser Ziel ist Rot-Front, oder Bergtal, wie dieses deutsche Dorf früher bis in die Stalin-Ära einmal hieß. Dort wollen wir Heinrich ‚Gena‘ Schmidt treffen, mit dem ich schon vor ein paar Tagen telefoniert habe. Heinrich soll uns vor Ort behilflich sein, weil wir gern mit deutsch-stämmigen Bewohnern in’s Gespräch kommen und wenn es geht auch in der Gegend zelten wollen.
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Tag 17 – Von Taschkent in die kasachische Steppe

Heute morgen muss der Apotheker wieder ran. Zwei Jungs haben seit gestern Durchfall, einer Husten und Schnupfen. Zum Glück habe ich in der Reiseapotheke alles Erdenkliche mit dabei. Das Frühstück fällt für Cord und Josch weitgehend aus – Carsten und ich essen dafür umsomehr von dem lokalen, wunderbar hergerichteten Buffet.
Vor der Abfahrt muss bei Bonnie noch ein Reifen gewechselt werden, eine dicke Schraube steckt tief in der Decke. Nach 9.500 Kilometern ist es erstaunlicherweise der erste kaputte Pneu.
Wir verlassen Taschkent in Richtung Nordosten, um schnell an die wenige Kilometer entfernte kasachische Grenze zu kommen. Die Grenzformalitäten sind diesmal einigermaßen schnell erledigt. Auf der usbekischen Seite will niemand die eigentlich geforderten Registrierungen sehen, die wir bei jeder Übernachtung abgestempelt bekommen haben. Ein Blick in’s Auto, ein Stempel in den Pass und weiter. Auf der kasachischen Seite müssen wir zwar fünf Stationen ablaufen, aber auch hier wandern alle notwendigen Stempel schnell auf die auszufüllenden Papiere. Am späten Vormittag liegt dann die unendliche Weite der kasachischen Steppe vor uns. Eigentlich hatten wir weiter öde Landschaft erwartet. Weit gefehlt, hier wird intensiv Landwirtschaft betrieben. In großem Stil wird hier Getreide angebaut, die riesigen abgeernteten Stoppelfelder verlieren sich im Dunst der am Horizont liegenden Hügel.
Wir passieren Schymkent und die Landschaft ändert sich. Zu unserer rechten türmen sich die ersten Bergketten, die schon auf der kirgisischen Seite liegen. Links von uns liegt flaches Ackerland, auf dem im großen Stil Zwiebeln angebaut werden. Wir sehen Kolonnen von Feldarbeitern, die die Feldfrüchte mit der Hand auflesen und in unendlich viele rote Säcke verpacken. Auch das Strassenbild ändert sich: Exzellente Teerdecke mit drei breiten Fahrstreifen je Richtung. Neben dieser Autobahn, die besser ist als bei uns zu Haus, liegt eine dicke, neue Eisenbahntrasse. Das ist sie, die Neue Seidenstrasse, die den Westen Chinas und Zentralasien mit Vorderasien und Europa verbinden wird. Hier etwas mehr Hintergrund zu diesem Vorhaben. Entlang der Strasse entsteht parallel die erste Sekundär-Infrastruktur, der Bau eines nach westlichem Stil entworfenen ‚Silk Road Motel‘ ist kurz vor der Fertigstellung. Zeuge einer gerade beginnenden neuen Epoche, die diese Gegend wohl nachhaltig verändern wird.
Weit in der Steppe sehen wir große Staubwolken, die sich beim Näherkommen als riesige Schafherden und – besonders schön anzusehen – als vielköpfige Herde freilaufender Pferde entpuppen.
Leider verleitet die gut ausgebaute Strecke auch zum Schnellfahren – wir werden geblitzt. Großer Mist, denn diesmal waren wir reichlich zu schnell. Der Peterwagen läßt seine Lichtbatterie aufleuchten und bringt unsere Fahrt jäh zum Stoppen. Angeblich waren wir mit 92 km/h statt mit 50 km/h unterwegs; irgendwo auf der Strecke hätte man uns von hinten fotografiert. Jetzt ist guter Rat teuer, denn wir sollen 400$ Strafe bezahlen, sonst würden wir nirgends mehr hinfahren. Oh je, was nun, soviele Westtaler haben wir im Leben nicht mehr. Dumm stellen hilft auch nicht, mit google translate macht uns der Schutzmann den Ernst der Lage klar. Nach einigem Hin und Her kratzen wir unsere letzte westliche Devisenreserve zusammen – für umgerechnet 240$ dürfen wir dann schließlich doch weiterreisen. „We respect you – and please respect our traffic rules“ übersetzt google noch zum Abschied. Demütig halten wir uns an diese Empfehlung.
Durch diese ‚Begebenheit‘ haben ist leider soviel Zeit verloren gegangen, dass wir den Grenzübertritt nach Kirgisistan heute leider nicht mehr schaffen. Wir fahren deshalb nur bis zum letzen Ort vor der Grenze – Merke. Heute soll es auf jeden Fall eine Nacht im Zelt sein, am besten in der Steppe, Richtung der kirgisischen Bergkette.
Der Supermarkt am Ort bietet Brot und Bier, sogar mit Kreditkarte zu bezahlen, aber leider kein Grillfleisch. Ein Schlachter muss her – aber wo finden, in der Dämmerung ohne kyrillische Schriftkenntnisse? Wie immer hilft Freund Zufall weiter. Bei Herumsuchen spricht uns ein einheimischer Kasache an, der einen dicken 12-Zylinder-Benz fährt, und fragt nach unserem Begehr. Über google translate mache ich unser Anliegen klar: Grillfleisch. Er lächelt breit und begleitet uns mit seinem Luxusschlitten zu einem unbeleuchteten Haus, wo er energisch am Tor klopft. Es erscheint ein Kopf, dem er auf russisch wohl klar macht, dass es hier um Leben und Tod geht. Kurze Zeit später geht das Licht an und eine Tür auf – wir stehen in einer winzigen Schlachterei, deren Inhaber ein riesiges Stück vom Rind aus einem altmodischen Kühlgerät wuchtet. Für 25 Dollar wäre der 20 Kilo schwere Fleischberg unser. Nur mit Mühe kann ich ihm erklären, dass nur sechs zarte Scheiben davon den Besitzer wechseln sollen. Für 10$ bekommen wir schließlich sechs tellergroße, überdaumendicke Rindersteaks vom Feinsten in die Tüte. Verhungern ausgeschlossen.
Bestens ausgerüstet suchen wir uns in der Finsternis weit oberhalb des Ortes in der Steppe einen passenden Zeltplatz. Schnell noch den Grill an den Kuhfänger gebastelt und schon brutzeln die ersten beiden Steaks über den glühenden Kohlen. Was für ein Genuß, was für eine Atmosphäre. Unter dem wolkenlosen Himmel der weiten Steppe genießen wir im Schein des untergehenden Mondes eine herrliche Mahlzeit. Das ganze Firmament ist bis zum Horizont herunter voller Sterne und das Band der Milchstrasse leuchtet matt am Himmel. Weit in der Ferne sehen wir ein großes Feuer rot leuchten. Die Bauern brennen hier häufig ihre Stoppelfelder ab. Schon den Tag über hing an vielen Stellen ein beißender Brandgeruch in der Luft.
Nach Mitternacht musizieren uns hunderte Grillen mit ihrem heimeligen Lied in einen tiefen Schlaf. Besser geht es nicht.

Bonnie&Clyde: An Teilen der Dachbox haben wir unterwegs alle Schrauben verloren, der erste Reifen ist kaputt
Stimmung im Team: Genießen einen atemberaubenden Abend
Kilometer: 610
Wetter: Tagsüber trocken-heiß, nachts angenehm warm

Tag 8: Von Martuni nach Agarak, Rallye-Mode: ON

Heute ist einer dieser Tage, die eine solche Reise ausmachen. Dazu gleich mehr.

Der Tag beginnt – ohne Frühstück. Unsere Herbergsmutter hatte sich geweigert, vor 10.00 Uhr Frühstück zu machen. Naja, auf dem Weg wird sich schon etwas finden. Unser Weg führt zunächst weg vom Sewansee hinein in die weite Gebirgswelt Armeniens. Wow, Landschaft haben sie hier mehr als reichlich. Das Land ist sehr dünn besiedelt und wenn überhaupt, dann extensiv landwirtschaftlich genutzt. Nur ab und zu sieht man einen Hirten mit einer Herde Kühe über die sanften, eher versteppten Hügel ziehen.
In einer der nächsten Ortschaften finden wir eine kleine Frühstücksbodega. Der jugendliche Schankwirt serviert extrem leckere, mit Kartoschka gefüllt Teigtaschen, dazu ‚leicht‘ gezuckerten Kaffee. Brrrrrrr. Jetzt, mit wieder aufgefülltem Koffeinspiegel, kann die Reise weitergehen, weiter immer weiter durch die schier endlose Landschaft Zentralarmeniens. Mir kommt wieder das Zitat des saarländischen Dachdeckers in den Sinne, das da heißt ‚vorwärts immer, rückwärts nimmer‘. 🙂
Hinter der nächsten Kurve schmiegt sich die holperige Landstrasse schnurgerade bis an den Horizont in die sanften Hügel. Es ist wirklich atemberaubend schön hier oben. Im nächsten Moment kreutz eine Herde Kühe die Strasse und zwingt uns zum Anhalten. Kaum ausgestiegen steht der Hirte, eher ein Cowboy in kunstvoll gefertigten Pantoffeln, auf dem Pferd neben uns. Die angebotene Zigarette nimmt er gern und läßt im Gegenzug Josch auf seine gutmütige Stute aufsitzen. Wunderbare Bilder, der Bilderrahmen erfüllt seinen Zweck.
Heute soll es noch bis Agarak gehen, direkt an die iranische Grenze. Dort wollen wir morgen früh Hussein treffen, der uns bei der aufwändigen Grenzprozedur unterstützen wird. Wir liegen so gut in der Zeit, dass wir eine ausgiebige Mittagspause in Goris einschieben. In einer kleinen Grillstation bekommen wir ein herrliches Kebab mit Brot, Salat und Kartoffeln. Wir pumpen einen der vielen mitgebrachten Fußbälle auf und machen damit die Kinder der Köchin glücklich. Carsten ist satt und glücklichm, die Reise kann weitergehen. Bis jetzt sind wir in Armenien die ‚roten‘ Strassen gefahren; Zeit das zu ändern. Wir suchen uns in der Karte eine schicke gelbe Piste aus und stechen westwärts in die Berge. Rallye-Mode: ON. Schon nach wenigen hundert Metern werden wir durch eine fiese Buckelpiste belohnt. Strasse? Nein, so kann man das, was vor uns liegt, nicht bezeichnen. Löcheriger Feldweg passt eher. Jetzt müssen die Autos zeigen, was sie können. Mehrfach knallt es laut, wenn Carsten mit dem Blech, das Cord zur Sicherung der Ölwann unter die Autos geschraubt hat, auf Felsbrocken trifft. Bei Cord und Josch läuft ‚Riders on the Storm‘ in voller Lautstärke. Ach was ist das schön.

Über gefühlt ein paar Stunden zieht sich die Offroad-Strecke durch die Berge, bis wir wieder ‚festen‘ Boden unter den Füßen haben. Vor uns erscheinen plötzlich zwei Radfahrer, Deutsche, wie sich herausstellt. Wir fahren neben den beiden 21zig jährigen Jungs her und erfahren, dass sie unterwegs nach Teheran sind. Zähe Burschen! Beide waren im letzten Jahr auf dem Pamir-Highway – auch mit dem Fahrrad. Mehr als nur ‚RESPEKT‘. Sie erzählen, dass sie gerade unterwegs sind zur weltweit längsten Seilbahn, vier Kilometer voraus. Da wären wir glatt dran vorbeigefahren. So aber nehmen wir dieses Highlight gern mit und bestaunen die 10 Kilometer lange Kabelbahn. Die Radler kommen kurze Zeit nach uns an und wir kommen mit den beiden Helden ins Gespräch. Wirklich tolle Typen. Gestern, während des Gewitters, haben sie Todesängste ausgestanden. Sie zelteten neben einem Hochspannungsmast, in den laufend die Blitze einschlugen. Wir hatten glücklicherweise ein Dach über dem Kopf.
Als wir weiterfahren wechselt die Strasse schnell wieder ihr Gesicht. Auf perfekt geteerte Landstrasse folg eine hammermäßiges Schlagloch-Festival. Cord ist ‚im flow‘ und läßt die Zügel bei Clyde locker. Der Wagen fegt wie ein blauer Blitz in einer großen Staubwolke über diese anspruchsvolle Strecke. Carsten kommt kaum hinterher.
Um ihn wieder aufschließen zu lassen, hält Cord im Nirgendwo an einer kleinen Bude an. Und hier zeigt die Rallye ihr wahres Gesicht: Erst kommt ein Dorfbewohner, dann der zweite und der dritte. Wir bekommen vom Ladenbesitzer ein Bier in die Hand gedrückt, revanchieren uns mit mitgebrachten Cohibas. Schnell kommt ein lustiges Gespräch zustande, das wir mit Händen und Füßen und mit den paar Brocken Russisch führen, die ich noch aus dem Studium parat habe. Spätestens als einer unserer neuen Freunde den Slogan ‚Druschba e Mir‘- Frieden und Freundschaft – auf unserem Auto liest, ist das Eis mehr als gebrochen. Wir sind jeder auf seine Art voneinander begeistert. Nachdem wir gegenseitig unsere ‚Maschinas‘, Autos, bestaunt haben, lädt uns der Ladenbesitzer zu sich nach Haus, gegenüber vom Laden, zum Kaffee ein. Von wegen Kaffee: Seine Frau tischt auf, was die Küche zu bieten hat. Erst gibt es für die Beifahrer 70%igen Vodka, der sich brennend seinen Weg in die Magengegend sucht. Danach gibt es zum Kaffee frisches Brot, das mit selbstgemachtem Käse, Pellkartoffeln und Peperoni gefüllt wird. Danach kommen noch Gurken, dann Frischkäse und Butter auf den Tisch. Und obwohl Josch und ich deutlich ablehnen, werden die Gläser wieder und wieder mit dem gleichwohl leckern wie teuflischen Vodka gefüllt. Dabei gehen die Hand-/Fuß-/Brockenrussisch-Gespräche mit Druum, Jerba und Stipan, so heißen der Gastgeber und seine beiden Freunde, weiter.
Was für eine Gastfreundschaft, wir können uns kaum von einander trennen. Diese Menschen hier oben leben in sehr ärmlichen Verhältnissen – und doch teilen sie alles und man sieht ihnen an, wie glücklich sie das macht. Das zu erleben, DAS ist das Herz dieser Rallye.

Beseelt von dieser außergewöhnlichen Begegnung setzen wir unseren Weg fort. Während Carsten und Cord weiter Serpentinen bezwingen müssen Josch und ich satt und reichlich duselig im Kopp erstmal die Augen zumachen. Die letzten hundert Kilometer bis zur Grenze geht es durch immer schrofferes Felsengebirge. Über den letzten Pass auf über 2.500 Metern Höhe geht es dann hinunter zur iranischen Grenze. Nach einem Blick auf die Grenzanlagen, die wir morgen passieren müssen, suchen wir uns eine Hererge für die Nacht. Wir trinken vor der Tür noch die letzen Alkoholreserven, denn im Iran gilt absolutes Alkoholverbot. Und obwohl wir verschließbare Tarnkanister mitgebracht haben, wollen wir nichts riskieren. Ich schreibe noch schnell diese Zeilen auf, dann heisst es um 01.00 Uhr ‚Licht aus‘.

Bonnie&Clyde: Bonnie hat eine Schraube locker, der Dachgepäckträger klappert
Stimmung im Team: Das Beste, was auf einer Rallye passieren kann…
Kilometer: 350
Wetter: Wir haben die Wolken scheinbar hinter uns gelassen